Staat

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Nationale Symbole

Der bengalische Tiger ist das Nationaltier Indiens, die Mango die Nationalfrucht. Die Nationalhymne beruht auf einem Gedicht des Dichters und Nobelpreisträgers Rabindranath Tagore (Nationalhymne). Es gibt auch einen Nationalvogel (Pfau) und eine Nationalblume (Lotusblume).

Die Nationalflagge besteht aus drei horizontalen Streifen unterschiedlicher Farben: Der obere Streifen ist safranfarben, der mittlere Streifen weiß und der untere grün. Im Zentrum befindet sich ein marineblaues Rad mit 24 Speichen. Es stellt das «Rad des Gesetzes» (Sanskrit: dharmacakra) dar und gilt als Sinnbild gerechter Herrschaft. Das Nationalwappen ist, wie das dharmacakra, dem   Kapitell einer Säule des altindischen Herrschers Ashoka (272-232 v. Chr) entnommen. Es befindet  sich im Museum von Sarnath, dem Ort der ersten Lehrrede des Buddha, ganz in der Nähe von Varanasi/Benares.

Geschichte & Staat

Indien versteht sich als eine säkulare Republik und wird als größte Demokratie der Welt bezeichnet – eine Bezeichnung, die ohne Zweifel quantitativ, mit Abstrichen auch qualitativ zutrifft. Die indische Geschichte weist eine über viertausendjährige Tradition auf.

Tag der Unabhängigkeit 15.08.1947

Staatsoberhaupt

Ram Nath Kovind

Regierungschef

Narendra Modi

Politisches System

Parlamentarische Demokratie

BTI Transformationsindex – Politisch Rang 29 (von 137) (2020)

Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) Rang 80 (von 180) (2019)

Von der Indus-Kultur zur Gegenwart

Die Geschichte Indiens umfasst eine Zeitspanne von über  viertausend Jahren und zählt zu den ältesten Hochkulturen der Welt. Sie ist durch eine reichhaltige Literatur, archäologische Funde und Baudenkmäler dokumentiert. Die Indus-Kultur aus dem dritten und zweiten vorchristlichen Jahrtausend stellt die älteste bekannte Kultur auf dem indischen Subkontinent dar. Ab ca. 1300 v. Chr. drangen Verbände nomadisierender Viehzüchter aus dem zentralasiatischen Raum, die sich selbst Arier nannten, in Nordwestindien ein.

Die politische Geschichte des vedischen Indien liegt weitgehend im Dunkeln. Die ältesten literarischen Zeugnisse, die sogenannten Veden, beschreiben sowohl interne als auch externe Auseinandersetzungen. In den folgenden Jahrhunderten gab es eine große Zahl von Königreichen. Im 4. Jahrhundert v. Chr. wird Siddharta Gautama (Buddha) an der Grenze zum heutigen Nepal geboren. Ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. entfaltete sich der Buddhismus, der 1.000 Jahre neben dem Hinduismus eine der maßgeblichen Geistesströmungen Indiens darstellte. Hier sind vor allem die Maurya-Dynastie und Kaiser Ashoka (272-232 v. Chr.) zu nennen. Heute spielt der Buddhismus keine große Rolle mehr.

In Indien spielten immer wieder äußere Einflüsse eine große Rolle:  Die ersten islamischen Einwanderer erreichten Indien Anfang des 8. Jahrhunderts, konnten sich aber erst ab dem 12. Jahrhundert wirklich politisch etablieren. Im Jahr 1206 kam es zur Gründung des Sultanats von Delhi durch Aibak. Mitte des 16. Jahrhunderts war Nordindien dann Teil des islamischen Mogulreiches, das seinen Ursprung in Zentralasien hatte.Es bildete den Höhepunkt islamischer Herrschaft in Indien. 

Herausragende Baudenkmäler wie das Taj Mahal oder die Forts in Agra und Delhi, eine hochstehende höfische Kultur, und eine unter Aurangzeb (1658-1707) fast vollständig erreichte Ausdehnung der Herrschaft über ganz Indien sind Zeugen dieser Periode. Mit dem Tod Aurangzebs löste sich das Mogulreich nach und nach auf, und Indien kehrte wieder in den Zustand rivalisierender Regionalreiche zurück. Dieser Zustand bereitete den Boden für die Eroberung   Indiens durch die Europäer ab dem 18. Jahrhundert vor.

Ab dem Beginn des 16. Jahrhunderts errichteten europäische Staaten bzw. Handelskompanien Stützpunkte in Indien, zuerst die  Portugiesen, dann die Franzosen und Briten. Sie erreichten Indien per Schiff und landeten an der West- oder Ostküste Südindiens. Während die Portugiesen sich weitgehend auf Goa beschränkten, kämpften Franzosen und Briten um die Vorherrschaft auf indischem Boden.

Letztlich konnte sich die britische Ostindiengesellschaft (East India Company) durchsetzen und Mitte des 19. Jahrhunderts eine weitgehende politische Kontrolle über die indischen Territorien gewinnen. Erst 1857 – nach einem Aufstand indischer Truppen (sog. mutiny) – wurde Indien eine Kronkolonie unter direkter Kontrolle Großbritanniens.

In seinem im Jahr 2017 erschienenen Buch «Inglorious Empire» stellt der indische Abgeordnete (Kongresspartei) Shashi Tharoor die Geschichte der britischen Kolonialisierung aus indischer Sicht dar und stellt die These auf, dass der Aufstieg des britischen Empire ohne die Ausbeutung Indiens nicht möglich gewesen wäre. Wie man dies auch bewerten mag, die Auswirkungen der britischen Kolonialherrschaft Indiens sind bis heute im negativen wie positiven Sinne zu spüren.

Der Widerstand gegen die britische Kolonialherrschaft formierte sich Schritt für Schritt ab 1885 unter Führung des Indian National Congress. Prägende Figuren der Unabhängigkeitsbewegung waren Jawaharlal Nehru (1889-1964) und Mahatma Gandhi (1869-1948).

Das Land erreichte seine Unabhängigkeit am 15.08.1947. Diese ging mit der Teilung des Subkontinents in zwei Staaten einher: Indien und Pakistan. Gewaltexzesse und riesige Flüchtlingsströme begleiteten diesen Prozess. Die Zahl der Toten wird auf ca. 1 Millionen Menschen geschätzt. Die Teilung des Subkontinents hat bis heute tiefe Wunden hinterlassen.

Nach zwei vorangegangenen Kriegen mit Pakistan führte ein dritter Krieg 1971 zur Abspaltung Ostpakistans und zur Gründung des   neuen Staates Bangladesch. Großen Einfluss auf die Entwicklung Indiens nach 1947 hatte die Nehru-Gandhi-Familie, die herausragende, aber letztlich auch viele tragische Figuren hervorbrachte. Im August 2017 feierten Indien und Pakistan ihren 70. Geburtstag. Beide Länder schauen auf bewegte Jahre zurück und weisen eine gemischte Bilanz auf.

Staatsform und Verfassung

Gemäß seiner Verfassung versteht sich Indien als eine «souveräne, sozialistische, säkulare, demokratische Republik» auf der Basis von «Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit».

Sie organisiert die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Belange von 1,34 Milliarden Menschen bzw. 900 Millionen wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern – mehr als alle etablierten in Ost und West zusammen. Indien bezeichnet sich als «größte Demokratie» der Welt. Dies gilt zweifelsohne in quantitativer Hinsicht. Trotz zahlreicher Missstände ist Indien vor allem angesichts der schwierigen Bedingungen und des großen Konfliktpotentials auch qualitativ als demokratisch zu bezeichnen. Die Demokratie in Indien währt nun seit über 70 Jahren – keineswegs eine Selbstverständlichkeit, wie das Nachbarland Pakistan und andere Kolonialländer zeigen. Indien kann als Ausnahme von der Regel gesehen werden.

Indien ist eine Republik mit föderalem Aufbau. Sie gliedert sich in 29 Bundesstaaten und sieben Unionsterritorien. Als 29. Bundesstaat wurde Telangana 2014 aus Teilen des bisherigen Andhra Pradesh geschaffen. Die politischen Mitsprache- und Entscheidungskompetenzen der Bundesstaaten sind geringer als  zum Beispiel in Deutschland. Durch das Mittel der sogenannten President’s Rule kann eine Landesregierung durch den Präsidenten abgesetzt und der Verwaltung der Bundesregierung vorübergehend unterstellt werden. Unterhalb der Landesebene existiert eine seit 1993 in der Verfassung verankerte lokale Selbstverwaltung (Panchayati Raj) in Dörfern und Städten.

Indien hat eine relativ gut funktionierende Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative. Die Legislative besteht aus einem Unterhaus (entspricht dem deutschen Bundestag), die Lok Sabha, und einem Oberhaus (entspricht dem deutschen Bundesrat), der Rajya Sabha. Auf Landesebene existieren Parlamente mit einer Kammer.

An der Spitze der Exekutive steht der Präsident, seit 25. Juli 2017 Ram Nath Kovind, der der Kaste der Dalits (Unberührbaren) entstammt. Der Präsident nimmt, vergleichbar dem deutschen Bundespräsidenten, de facto weitgehend repräsentative Aufgaben wahr. Die politische Macht liegt hingegen beim Premierminister und seiner Regierung, die dem Parlament verantwortlich ist. Indien ist eine parlamentarische Demokratie, die Ähnlichkeiten mit Deutschland aufweist, aber auch Züge des britischen Westminister Modells trägt.

Das oberste Gericht (Supreme Court) in New Delhi bildet die Judikative und genießt hohes Ansehen. Unter ihm stehen die High Courts auf Länderebene. Es hat sich als Hüter der Verfassung und Garant der Grundrechte bewährt. Auf unteren Ebenen ist die Justiz völlig überlastet und wird als korrupt angesehen.

Zu den wichtigsten indischen Parteien gehören der Indian National Congress (INC), die Bharatiya Janata Party (BJP), die Bahujan Samaj Party (BSP), die Communist Party of India und Communist Party of India (Marxist). Bekannte und einflussreiche regionale Parteien sind die Telugu Desam Party in Andhra Pradesh, die Muslim League in Kerala, die Shiv Sena in Maharashtra, die Dravida Munnetra Kazhagam in Tamil Nadu und die Samajwadi Party in Uttar Pradesh.

Machthaber und Machtgruppen

In Indien gibt es nur zwei national relevante Parteien, den Indian National Congress (INC, Kongresspartei) und die Bharatiya Janata Party (BJP). Der INC kann auf eine über 130-jährige Geschichte zurückblicken, die BJP besteht seit über 60 Jahren. Beide vereinigen auf sich aktuell über 50 Prozent der Wählerstimmen, der Rest verteilt sich auf die zahlreichen Regionalparteien.

Die hindunationalistische BJP stellte in den Jahren 1999-2004 den Premierminister in der National Democratic Alliance (NDA) genannten Koalitionsregierung. Aus den Wahlen zur Lok Sabha im Frühjahr 2004 und 2009 ging dann die von der Kongresspartei angeführte United Progressive Alliance (UPA) als siegreiches Bündnis hervor. Trotz eines Zugewinns an Sitzen vermochte es die UPA aber nicht, die absolute Mehrheit im Unterhaus zu erhalten. Die Legislaturperiode endete 2014 und brachte den erwarteten Machtwechsel mit sich. Neue Regierungspartei ist seither die BJP unter Premierminister Narendra Modi, welche auch bei den letzten nationalen Wahlen im Mai 2019 die absolute Mehrheit der Sitze gewann.

Der als «Vater» der wirtschaftlichen Öffnung geltende Manmohan Singh war von 2004 bis 2014 Premierminister. Politisches Gewicht hat auch die Vorsitzende der Kongresspartei, Sonia Gandhi, die Witwe Rajiv Gandhis. Sie hat versucht, über viele Jahre ihren Sohn Rahul Gandhi als Nachfolger für das Amt des Premierministers aufzubauen. Dieser wurde im Dezember 2017 Präsident der Kongresspartei. Allerdings übernahm er die politische Verantwortung für die jüngste Wahlniederlage der Kongresspartei im Mai 2019 und trat von seinem Parteiamt zurück. Wie es mit dem INC mit oder ohne die Familie Gandhi weitergeht, wird abzuwarten sein.

Regionalparteien spielen seit den 1970er Jahren eine wichtige Rolle. Die Zeit der früheren Dominanz des INC ist seit 30 Jahren vorbei.

Koalitionen mit Regionalparteien sind notwendig geworden. Allerdings dominiert seit 2014 die BJP bis auf Weiteres die nationale Politik. Der Einfluss der Regionalparteien wird als Ausdruck einer «stillen Revolution» sowie eines demokratischen Aufbruchs benachteiligter Gruppen (Dalits, Muslime etc.) gesehen. Allerdings vertreten Regionalparteien oft eine partikulare, patronageorientierte Politik und behindern dadurch tiefgreifende Reformen.

Autoren sind Clemens Jürgenmeyer, M.A. vom Arnold-Bergsträsser-Instituts und Lehrbeauftragter an der Universität Freiburg sowie Dr. Michael Arndt am Lehrstuhl für Internationale Politik, Seminar für Wissenschaftliche Politik der Universität Freiburg. Die Veröffentlichung der Länderinformationen auf unseren touristischen Seiten wurde mit der GIZ besprochen.