Kultur

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Presse und andere öffentliche Medien

Die Pressefreiheit ist durch die indische Verfassung geschützt. Journalisten geraten jedoch verstärkt angesichts der Hegemonie der hindunationalen Kräfte unter Druck, wenn sie über politisch oder wirtschaftlich brisante Themen berichten. In jüngster Zeit kam es sogar zu Ermordungen von regierungskritischen Journalisten, so die Journalistin Gauri Lankesh, welche von unbekannten Tätern vor ihrem Haus in Bangalore im Sommer 2017 erschossen wurde. Viele sehen daher die Pressefreiheit in Indien in Gefahr. Schon jetzt rangiert Indien nur auf Platz 142 von 180 Ländern in Bezug auf die Pressefreiheit. Die indische Presse ist nicht frei von Korruption, da es starke Verbindungen zwischen der Presse, Politikern und Wirtschaftsführern gibt.

Medien: What’s on in India?

In Indien gibt es eine Vielzahl von Zeitungen sowohl in englischer als auch in den vielen Regionalsprachen, mit einer insgesamt sehr großen Leserschaft. Mittlerweile treten im Internet eine stattliche Anzahl an englischsprachigen Tages- und Wochenzeitungen oder politischen Magazinen aus Indien auf, die über Themen aller Art berichten.

The Hindu

The Times of India Hindustan Times The Economic Times Frontline

Tehelka Outlook India

Natürlich gibt es viele weitere Zeitungen und Zeitschriften in Indien, deren journalistische Qualität jedoch sehr unterschiedlich ist. Als Online-Medien sind The Wire und Scroll.in (neuer Link: https://scroll.in) besonders zu empfehlen.

Eine besondere Bedeutung für die Massenkommunikation und -unterhaltung kommt dem Rundfunk  zu. Insbesondere das Medium Fernsehen ist zu einem riesigen Markt für Beschäftigung und Werbung geworden.

Auch die Zahl der Internetnutzer nimmt zu, im Jahr 2019 auf monatlich ca. 451 Millionen und liegt damit weltweit an zweiter Stelle hinter China. Der US Nachrichtensender CNN ist sogar der Meinung, dass die  Zukunft des Internets  in Indien liege. Allerdings unterliegt der Zugang zum Internet   teilweise massiven staatlichen Beschränkungen. So war z.B. Kaschmir nach der politisch brisanten Abschaffung seines Sonderstatus› von August 2019 bis März 2020 für 213 Tage ohne Internetverbindung. In den Jahren 2018 und 2019 führt Indien sogar die Liste jener Staaten an, die am häufigsten den Zugang zum World Wide Web sperren – im Jahr 2018 allein 134 Mal

Weitere Linkempfehlung: Freedom House-Eintrag India Freedom in the World 2020

Bildung

Das Bildungssystem Indiens gliedert sich grob in drei Ebenen (plus Unterstufen): die Primarstufe (primary education), die Sekundarstufe (secondary education) und Tertiäre Bildung (higher/university education), wobei es Abweichungen zwischen den einzelnen Bundesstaaten in Bezug auf das Alter der Schülerinnen und Schüler gibt. Es gibt sowohl staatliche wie private Einrichtungen, wobei letztere oft von Kindern der einkommensstärkeren Schichten besucht werden.

Indien hat in den vergangenen Jahren eine große Zahl von Wissenschaftlern ausgebildet. In manchen Forschungsgebieten wie der Biotechnologie oder der Raumfahrt gehören Wissenschaftler des Landes zur globalen Wissenschaftselite. Die Bildungsinstitutionen unterscheiden sich allerdings gewaltig hinsichtlich ihrer Qualität: Es gibt sowohl erstklassige Universitäten, als auch einige Institutionen, die weit hinter internationalem Niveau hinterherhinken.

Einer insgesamt aber noch sehr schmalen Bildungselite, die vor allem in den urbanen Regionen lebt, steht die große Zahl von formal Geringgebildeten gegenüber, die im großen ländlichen Hinterland leben. Die schon rein numerische Herausforderung ist immens: Nach dem Zensus 2011 war allein die Altersklasse der 15 bis 24-jährigen 224 Millionen groß. Dieser Zahl stehen weniger als 10 Millionen, oft schlecht qualifizierter und gering motivierter Lehrer gegenüber. Gleichwohl müssen auch die Fortschritte in den vergangenen 50 Jahren gesehen werden.

Indien bemüht sich durch verschiedene Bildungsprogramme (z.B. Stipendien für Mädchen) auch Kinder, v.a. Mädchen von Familien im indischen Hinterland zu erreichen. Die Einschulungsrate konnte so sukzessive erhöht werden. Die Schulabbrecherrate ist indes auch  sehr hoch. Wer durch Indien fährt, begegnet auch vielen Kindern, die trotz offiziell bestehender Schulpflicht niemals eine Chance hatten und haben werden, auch nur die Grundschule zu besuchen.

Da Indiens Bevölkerung auf hohem Niveau weiter schnell wächst, wird es für das Land entscheidend sein, eine Bildung anzubieten, die qualitativ gut ist. Hier muss eine Anbindung an die zahlenmäßig schnell zu erhöhenden Berufsschulen bzw. berufliche Bildung erfolgen und natürlich die Lehrerausbildung und – fortbildung forciert werden. Ferner müssen Bildungsstätten unabhängig von Geschlecht, Kaste oder Religion offen für alle sein. Hier spielen auch Fragen der Erreichbarkeit und der Opportunitätskosten für die betroffenen Familien eine wichtige Rolle.

Eine gut gemanagte, qualitativ anspruchsvolle, niemanden außer Acht lassende und relevante, d.h. berufsorientierte Bildung kostet viel Geld. Die aktuellen Ausgaben Indiens für das Bildungswesen (Bundes- und Länderregierungen) betragen 3,0% des Bruttoinlandsprodukts bzw. 10,6% aller öffentlichen Ausgaben. Schon vor rund 40 Jahren gingen die Pläne der Unionsregierung von 6% aus, die erforderlich seien.

Das Problem des geringen Bildungsniveaus ist auch kaum in den Griff zu bekommen, wenn nicht die Betroffenen in den lokalen Gemeinschaften selbst Träger der Entwicklung sind und eine integrierte Entwicklung angestrebt wird,  die  über  den Bildungsbereich im engeren Sinn hinausgeht. Interessant ist hier der Ansatz des Barfüßigen-College, der auf einem erweiterten Bildungsbegriff fußt. Das in den Dörfern existierende traditionelle Wissen wird eingesetzt, um die Lebensbedingungen zu verbessern.

Jede Person, unabhängig von ihrem formalen Bildungsgrad, wird hier zu einem Träger von Wissen; die Unterscheidung in Alphabeten und Analphabeten ist irrelevant. Unkonventionelle  Methoden  sind gefragt, wie auch das Beispiel eines Dorfschullehrers in einer entlegenen Gegend Maharashtras zeigt.

Sprachen

Die ausgeprägte Vielfalt der indischen Gesellschaft zeigt sich auch bei den Sprachen. Eine einheitliche «indische» Sprache gibt es nicht, vielmehr existiert eine Fülle unterschiedlicher Sprachen und Schriften, die jedem europäischen Vergleich standhält. In der Verfassung werden 22 Sprachen aufgeführt (u.a. Hindi, Bengali, Telugu, Tamil), doch die Zahl der gesprochenen Sprachen und Dialekte ist viel größer. Erhebungen gehen von rund 1.500 aus, offiziell liegt sie bei knapp 400. Zwar gilt nach der Verfassung das nordindische Hindi, das max. von einem Viertel der Bevölkerung gesprochen wird, als sog. Official Language, in der Praxis jedoch fungiert Englisch als gesamtindische Verbindungssprache. Für die gebildete Elite ist Englisch eine Selbstverständlichkeit und für die zunehmend im nationalen und globalen Wettbewerb stehenden Unternehmer eine absolute Notwendigkeit.

Viele Sprachen verfügen über eine eigene literarische Tradition. Entsprechend vielfältig ist die indische Literaturszene. Der bengalische Dichter und Träger des Literaturnobelpreises Rabindranath Tagore (1861-1941) steht auch international in hohem Ansehen.

Die moderne indische Literaturszene ist in Deutschland kaum bekannt. Der Draupadi-Verlag in Heidelberg publiziert moderne indische Literatur, aber auch Sachbücher zu aktuellen Themen der indischen Gesellschaft. Im Unterschied zu den großen Verlagshäusern, die die bekannten, auf Englisch schreibenden indischer Autoren wie z.B. Salman Rushdie, Arundhati Roy, Rohinton Mistry oder Aravind Adiga herausbringen, verlegt der Draupadi-Verlag literarische Werke indischer Autoren, die in Indien leben und in den jeweiligen Landessprachen schreiben. Es handelt sich ausschließlich um anspruchsvolle Direktübersetzungen. Auch das Literaturforum Indien widmet sich der Förderung und Verbreitung moderner indischer Literatur in Deutschland.

Kunst

Indische Kunst ist in vielen Fällen in ihrem Ursprung wie in der konkreten Ausformung an religiöse Glaubensrichtungen, Gebräuche und Rituale gebunden. Besonders beeindruckende Aspekte   indischer Kultur beziehen sich auf den klassischen indischen Tanz, die klassische indische Musik oder die Architektur. Gerade letztere steht teils unter besonderem Schutz durch den Status als Weltkulturerbe. Die Vielfalt ergibt sich auch hier aus der wechselhaften Geschichte des Landes und den bereichernden Einflüssen der Weltreligionen.

Kultur? Bei der indischen Filmindustrie Marke Bollywood gehen die Meinungen auseinander. Gleichwohl lieben viele Inder «ihr» Kino und die Glitzerwelt in Mumbay, dem Hollywood des Ostens, konzentriert sich darauf, ihre Anhänger nicht zu enttäuschen. Große Emotionen und musikalische Untermalung dürfen in keinem guten Film fehlen.

Sport

Feldhockey, Cricket oder Schach werden in Indien leidenschaftlich gerne gespielt. Daneben gibt es aber auch zahlreiche andere, auch traditionelle Sportarten, die ihre Anhängerschaft finden.

Küche

Die Gastfreundschaft des Landes erlebt man schnell am eigenen Leib. Atithi Devo Bhava («der Gast ist wahrhaftig dein Gott») ist nicht eine schöne Phrase in einem Touristenführer, sondern Tatsache. Wo im wahrsten Sinn geschmackvoller erfährt man dies als beim Essen? Die indische Küche ist so vielfältig wie das Land. Leckere Gerichte gibt es in allen Regionen Indiens. Im Norden wird vor allem viel Fleisch gegessen und das Essen orientiert sich stärker an die Küche des Nahen und Mittleren Ostens. Getreide und Brot sind beliebter als Reis. Im Süden wird hingegen mehr Reis gegessen, vegetarisches Essen ist verbreiteter und die Curries sind in der Regel schärfer.

Religion

Neben den vier Religionen indischen Ursprungs – dem Hinduismus, dem Buddhismus, dem Jainismus und dem Sikhismus – gibt es in Indien den Islam und das Christentum sowie noch wenige andere Religionen. Die Inder sind laut dem indischen Zensus von 2011 zu 79,8 Prozent Hindus, 14,2 Prozent Muslime, 2,3 Prozent Christen und zu 1,7 Prozent Sikhs. Die restlichen 2 Prozent verteilen sich auf  die anderen Religionsgemeinschaften.

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Autoren sind Clemens Jürgenmeyer, M.A. vom Arnold-Bergsträsser-Instituts und Lehrbeauftragter an der Universität Freiburg sowie Dr. Michael Arndt am Lehrstuhl für Internationale Politik, Seminar für Wissenschaftliche Politik der Universität Freiburg. Die Veröffentlichung der Länderinformationen auf unseren touristischen Seiten wurde mit der GIZ besprochen.